Klaaf

Klaafen, wat heißt dat eigentlich? Fragen sich vielleicht die Neubürger, die, die nicht im
Bergischen groß geworden sind. Wenn ich als Imi - also Einwanderin vor 38 Jahren - dat
richtig interpretiere, heißt dat soviel wie - sich unterhalten, aber so ganz ungezwungen, nichts
weltbewegendes miteinander erzählen. Man trifft sich also auf der Straße, dem Marktplatz,
beim Doktor im Wartezimmer, im Supermarkt oder nach dem Gottesdienst ganz zufällig und
kommt ins Gespräch.

Da gibt es also zunächst mal die ganz unverbindliche Klaaferei: ,,Hach, Tach Frau Müller,
lange nit jesehn, wie jeht et denn so? Jut? Dat freut mich aber, sehen auch jut aus. Un wat
macht der Mann, - auch jut, un de Kinder, alles prima? Na, wat will mer mehr, ne? Dann
jrüßen se auch schön ne, bis dann mal, tschüüüüüüß!"
Haben se wat gemerkt - dat war ne ziemlich einseitige Angelegenheit - aber diese Zeitgenossen
und -genossinnen wollen im Grunde janix wissen. Se machen nur ein bißchen bla bla bla - und
alle sind zufrieden.

Dann gibt et die Neugierigen: ,,Hach, Tach Frau Müller, lange nit jesehn,waren se krank?"
Frau Müller: ,,Nee, eigentlich ..."
Frau Neugier: ,,Na jottseidank, de Frau Neumann erzählte nämlich neulich, se hätt se beim
Doktor getroffen - hätten ja nit jut ausgesehen." ,,Mir fehlt aber nix ..." ,,Da können se ma
sehen, wat de Leute so erzählen, apropos, haben Sie wat von de Frau Kohlmaier jehört - die
soll ja so furchtbar krank sein - und ihre Mann soll arbeitslos sein und dä Jung - war ja immer
schon en Lausejunge - soll so viel Ärger machen - Sie wissen doch bestimmt wat - Sie wohnen
doch gleich um die Ecke.?"
Frau Müller: ,,Tatsächlich, wat se nich sagen, dat is mir aber neu, krank soll se sein, doch nich
etwa Krebs?"
Frau Neugier: ,,Wenn ich dat ma wüßte - aber hörense mal, dat müßte doch eigentlich de Frau
Greger wissen, die wohnt doch gleich daneben, können se die nit mal fragen? Besonders dat
mit dem Mann Is ja hochinteressant, wo die doch grade erst angebaut haben? Wie wollen die
dann bloß ihre Schulden bezahlen? Sie wissen auch nit, wat dat janze Schmölzchen jekost hat?"

Ja und dann die Zeitgenoss/innen die nich neugierig sind, die nix wissen wollen, die nur wat
loswerden wollen - am liebsten über ihren eigenen Wohlstand oder Erfolg reden. Die fragen
nur, um anzugeben: ,,Hach, Tach Frau Müller, lange nit jesehn - aber wir waren ja auch ne
Weile verreist, 3 Wochen Maledieven - kennen se doch sicher? Ein tolles Hotel sag ich Ihnen,
aber hat ja auch wat gekostet, 4 Sterne - wenn Ihnen dat wat sagt, hätten gerne 5 Sterne
genommen, war aber ausjebucht,
Frau Müller: Ach ja?
Frau Angeber: ,,Waren Sie wieder im Bayrischen Wald ? Is ja auch ganz nett, die gute Luft
und so. Ich hab gesehn, Ihr Junge hat ja jetzt auch en Auto - hat er sicher lange für jespart -
kostet ja auch wat, ich kann Ihnen sagen, die Preise steigen ja derart - haben wir jetzt wieder
erlebt mit unserem neuen Mercedes - nä, wo dat noch hinsoll. Man muß ja froh sein, wenn man
rund kommt, aber mein Mann verdient ja wirklich en solides Geld. Wir können uns schon ganz
jut helfen, obwohl, seit de Tochter studiert müssen wir auch genauer rechnen - aber dat
Mädchen hat ja so ein tolles Abitur gemacht, Notenschnitt 1,2 - und dabei isse so bescheiden -
Dat Mädchen macht uns wirklich Freude. Und Ihre Kinder?
Frau Müller: ,,Sabine hat...
Frau Angeber: ,,Is Ihre Tochter noch immer beim Frisör Lehmann in der Lehre. Ja, Handwerk
hat immer noch goldenen Boden - hahaha. Gerade die Frisöre, hab doch neulich 185 DM für
meine neue Frisur bezahlt - isse nit schick? Fühl mich auch sehr wohl damit, alle sagen, ich sah
jünger aus.
Frau Müller: Schön ja, ist das ....
Frau Angeber: ,,Sie sehen aber auch gut aus - wenn man bedenkt, dat sie ja sogar noch ein paar
Jährchen älter sind als ich haha."

Die Leute, die nur über ihre Krankheiten erzählen, lasse ich heute aus, die begegnen uns
sowieso zu oft - jedesmal haben sc wat anderes! na, geh mir los, unerträglich. Da muß man
sich wundem, wenn man sich nichts fängt - so detalliert, wie die Ihre Symptome beschreiben.

Ja, und dann gibt et noch die Schwadlappen, die ihre Gsprächspartner/innen nur brauchen, um
ihren eigenen Kummer zu kompensieren. Entsprechend gezielt gehen sie auf ihre
Mitmenschen los: ,,Hach, Tach Frau Müller, lange nit gesehen. - Sie haben aber auch zugelegt
die letzte Zeit."
Frau Müller: ,,Ja, wat soll mer mache, wenn mer in de Jahre kütt."
Frau Kummer: ,,Jenau dat sach ich auch immer, et steht Ihnen aber jut, dat rundliche ist doch
eijentlich janz jemütlich. - Sagen se selbst. Sehen se mich an, ich habe mich längst damit
abgefunden, wat nützen die Diäten - habe ich alle ausprobiert - jedesmal wird man hinterher ein
bißche dicker - ne , lassense mal, die Figur muß mer jetz einfach akzeptieren.
Frau Müller: ,,Haben sie mal ,.."
Frau Kummer: ,,Stellen se sich vor, ich mußte mich dies Johr janz neu einkleiden - eine glatte
Nummer größer - wat haben Sie denn für ne Größe - kommen se noch mit 46 aus?
Also en bißchen Fett auf de Rippen ist janz gesund - man hat wenigstens wat zum Zusetzen
sage ich immer - un im Gesicht ist man nit eso faltig - .
Frau Müller: ,,Meinen Sie ...
Frau Kummer: Wat sagt denn Ihre Mann dazu, daß Sie so rund geworden sind? Et soll ja
Männer geben, die mögen dat, wenn de Frau en bißchen kuschelig Is?"
Allerdings der Rücken und die Gelenke, mein Arzt hat dat janich gerne, dat ich dat Gewicht nit
runterkriege - aber der hat gut reden - et Is eben auch Veranlagung - oder der Stoffwechsel
oder de Schilddrüse oder de Wechseljahre und da haben ja bekanntlich de Frauen wat mehr mit
zutun als de Männer - oder haben Se schonmal en Mann mit Hitzewallungen gesehen?"

Ja und dann zum Schluß die Lokalredakteurinnen, die Tageblätter, die
Nachrichtenübermittler, die Klatschtanten - et soll aber auch Männer geben.: ,,Hach, Tach Frau
Müller, haben se schon gehört, die Kohlmaiers soll ja so krank sein, Krebs, die arme Frau - und
der Mann - arbeitslos, aber andererseits en Glück, dat der jetzt zu Haus ist - die Pänz täten ja
doch nix für ihr Mutter, - aber kein Wunder, wo die dermaßen verzogen worden sind.
Besonders der Jung - soll ja Ärger mit der Polizei haben -...
Frau Müller: Sagen Sie bloß ...
Frau Redakteur: ,,Und haben Se dat auch schon gehört, dal die Lehmanns ihren Frisör-Laden
aufgeben müssen? Ja so jeht dat, wenn man mit Geld nit umgehen kann. Apropos Geld - die
Krügers waren ja neulich nach de Malediven in Urlaub - da waren auch Bekannte von unserm
Helmut seinem Chef, der Krüger soll sich ja so daneben benommen haben - immer zu viel
getrunken und dann de Strandschönheiten an de Wäsche gepackt - aber so - wie die Frau
Krüger die Nase hochtragt - geschieht ihr dal janz recht. Die Tochter von denen soll ja auch so
mit den Kerls rummachen - ja ja , der Apfel fällt nicht weit vom Pferd.
Frau Müller: ,,Tatsächlich ...?
Frau Redakteur: ,,Und haben se die Frau Schmidt in letzter Zeit gesehen - Mensch, Is die dick
geworden - dabei war die neulich erst in Kur - alles für de Katz, aber die kann ja auch essen -
haben Se mal im Laden an der Kasse gesehen wat die alles einkauft? Is bestimmt nicht alles
bloß für den Hund - hahaha: von nix kommt nix ne? Also - ich muß los - war nett, sich mal
wieder mit Ihnen zu unterhalten - tschüß denn.

Also, da sind mir doch die Gesprächsprartnerinnen die liebsten, die nix wissen wollen, die nicht
angeben nicht klagen und denen es auch scheinbar egal ist, wen sie wann wo und in welchem
Zustand treffen. ,,Hach, Tach Frau Müller, lange nicht gesehen, wie geht es Ihnen ?"
Frau Müller: ,,Am liebsten gut"
,,Da sagen se was, mir auch! Alles gesund zu Hause?"
Frau Müller: ,,Danke, und bei Ihnen?"
,,Keine besonderen Vorkommnisse! - War nett Sie zu sehen - bis dann!"

Tschüüüß!